Auf Grundlage des Bundesbeschlusses „Gegen jeden Antisemitismus – Für eine konkrete Antisemitismusdefinition“ ergänzen wir als Landesverband diesen wie folgt:

Die Linksjugend Sachsen nimmt ihren antifaschistischen Grundkonsens ernst und tritt entschieden gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen ein. Dazu gehört, aktuelle antisemitische Entwicklungen wachsam zu beobachten, als solche wahrzunehmen und aktiv gegen sie vorzugehen.

Der erstarkende Antisemitismus in Deutschland und weiteren europäischen Ländern ist ein reales Problem. Von tendenziöser Medienberichterstattung, Verschwörungstheorien und antisemitischen Klischees in der Bevölkerung über Israel-Boykottbewegungen und Angriffe auf Synagogen hin zu offen propagierten Vernichtungsfantasien, ziehen sich antisemitische Ressentiments quer durch die Gesellschaft.

Auch in der Linken finden sich antisemitische Denkmuster und Argumentationen, besonders in Form von ressentimentgeladener „Israelkritik“ und regressivem Antikapitalismus. Antisemitische Ressentiments verstecken sich gerne hinter sogenannter „Israelkritik“. Diese kann in zwei Teile aufgeteilt werden: Der Kritik an der jeweils aktuellen Regierung und der Kritik am Staatssystem Israels. In der politisches Linken zielt Kritik immer häufiger auf das Staatssystem Israels. Dabei kommt es auch zur Verwendung antisemitischer Narrative und Erzählungen, was nicht akzeptiert werden darf. Auch ist dies ein Zeugnis eines mangelnden und verkürzten Verständnisses von Antisemitismus, das sich bspw. in der Reduktion des Antisemitismusbegriffs auf seinen Ausdruck in der Massenvernichtung niederschlägt.

Ein kritisches Verständnis von Antisemitismus geht in seiner Analyse nicht vom Objekt, sondern von der:dem Antisemit:in aus, welche:r die abstrakten Mechanismen der kapitalistischen Gesellschaft auf das Judentum projiziert. Antisemitismus richtet sich gegen ein überlegen und kontrollierend imaginiertes „jüdisches Prinzip“, das die Ursache allen Übels darstellt. In der postnazistischen Gesellschaft tritt Antisemitismus häufig nicht mehr offen in der
Verurteilung von Jüd:innen auf, dennoch ist er als Denkstruktur weiter vorhanden. Er aüßert sich als israelbezogener Antisemitismus in Form von Dämonisierungen Israels, extrem einseitiger Schuldzuweisung, Nutzung antisemitischer Chiffren und Täter-Opfer-Umkehr durch Vergleiche Israels mit dem Nationalsozialismus. Ferner finden sich antisemitische Argumentationen in der Verbreitung von Verschwörungstheorien über vermeintliche Strippenzieher:innen, wie FED und Rothschild. Es ist die historische Erfahrung aus Auschwitz, dass die dem Antisemitismus immanenten Vernichtungsfantasien real sind und im Zweifelsfall kein Staat den Schutzder Jüd:innen vor Antisemitismus zu garantieren bereit war. Israel ist die unerlässliche Konsequenz der Erfahrung der Shoah. Für eine Linke die für gesellschaftliche Emanzipation eintritt, sollte die Verteidigung des Existenzrechts Israels, als dem Staat zum Schutz der Jüd:innen, ein wichtiger Ausgangspunkt politischen Handelns sein. Eine Kritik des Antisemitismus in der Linksjugend Sachsen muss neben der Aufklärung über den Antisemitismus selbst auch die Verhinderung der Verbreitung antisemitischer Standpunkte bedeuten. Von daher gilt:

Die Linksjugend Sachsen stellt sich gegen jeden Antisemitismus und akzeptiert diesen in keiner Weise, egal ob als Meinung von Einzelpersonen, Ortsgruppen oder anderen Strukturen. Die Linksjugend Sachsen unterstützt und organisiert keine Veranstaltung oder Demonstration, auf der antisemitische Positionen vertreten werden. Ferner bietet sie Dritten keine Plattform zur Verbreitung von Antisemitismus und lädt daher keine Personen und Organisationen außerhalb des Verbandes zu Veranstaltungen ein, die absehbar solche Positionen vertreten werden. Die Verbreitung von Antisemitismus darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Folgende Positionen sieht die Linksjugend Sachsen als antisemitisch und damit nicht akzeptierbar an:

  • den Vergleich von Israel mit dem Nationalsozialismus
  • das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung
  • die Infragestellung des Existenzrechts Israels
  • Gezielte Täter:innen-Opfer-Umkehr in Bezug auf Israel
  • die Solidarisierung mit der Hamas und nahestehenden Organisationen
  • den Ausruf „Kindermörder Israel“, der eine Anknüpfung an die antisemitische „Ritualmordlegende“ darstellt
  • Die Nutzung des Apartheids-Befriffs zum Zweck der Dämonisierung ohne ausreichende Einbeziehung des politischen und historischen Kontextes Darstellungen, nach denen Israel, die Zionist:innen oder die USA die Medien kontrollieren
  • Aussagen über eine allmächtige „jüdische Lobby“ oder „zionistische Lobby“
  • Verschwörungstheorien über Gruppen, die angeblich im Hintergrund die Fäden ziehen (FED, Rothschilds)
  • Unterteilung der kapitalistischen Warenproduktion in eine gute, schaffende
  • Produktionssphäre und eine schlechte, raffende Zirkulationssphäre
  • das Bestreben, alle Jüdinnen und Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen
  • die Beschönigung des organisierten Judenmordens, der Intifada, als revolutionäre Handlung
  • die Diffamierung von jüdischen Symbolen, Traditionen und Institutionen
  • Geschichtsrevisionismus, welcher die Verbrechen des Nationalsozialismus oder Faschismus, insbesondere die Shoah, durch Gleichsetzung mit denen des real existierenden Kommunismus oder Sozialismus verharmlost
  • die Verteidigung oder das Relativieren des antisemitischen Massakers von Hamas und islamischen Djihad vom 7. Oktober 2023
  • Stellungnahmen, die sich mit den Tätern vom 07. Oktober 2023 solidarisieren und/oder zu glorifizierende Unterstellung
  • Unterstützung von Kampagnen der BDS-Bewegung

Weiter distanzieren wir uns als Linksjugend Sachsen vom Beschluss der Linksjugend [’solid] auf Bundesebene, welcher die Jerusalemer Erklärung als Antisemitismusdefinition unkritisch übernimmt und kritisieren die stattfindende Diskursverschiebung. Wir unterstützen das Bestreben des Thüringer Landesverbandes die Beschlusslage auf Bundesebene im Sinne dieses Antrages zu ändern und streben eine verbandsübergreifende Entwicklung eines eigenen Antisemitismusbegriffs an.